Rheinland-Pfalz überprüft seine Schulen
Mathematiktest und Fragebögen / Skepsis
bei Lehrerverbänden
MAINZ, 15. Mai. Erfolg oder Misserfolg bei der Ausbildung
bestimmen wesentlich den weiteren Lebensweg der Betroffenen.
Doch die Qualität des Bildungsangebotes entzieht sich bisher
weitgehend einer objektiven Bewertung. Es gibt ,,gute" Schulen
und ,,tüchtige" Lehrer, aber auch Lehranstalten und Pädagogen,
die in einem schlechten Ruf stehen - manchmal zu Recht, oft
aber auch zu Unrecht. In Rheinland-Pfalz soll für das Fach
Mathematik in der achten Klassenstufe nun erstmals landesweit
der Wissensstand bei allen Schülern der allgemeinbildenden
Schulen (mit Ausnahme der Sonderschulen) ermittelt und damit
eine Vergleichsmöglichkeit des Bildungsstandes von Klasse
zu Klasse und von Schule zu Schule geschaffen werden. Die
Untersuchung kommt unter dem Namen Markus daher. Markus steht
für ,,Mathematik-Gesamterhebung Rheinland-Pfalz: Kompetenzen
(Schüler-leistungen), Unterrichtsmerkmale, Schulkontext".
Der Mainzer Bildungsminister Zöllner (SPD) sieht bei diesem
Vorhaben durchaus die Gefahr für den Frieden in der von ihm
betreuten Schullandschaft, die von einer veröffentlichten
,,Hitliste" der Lehranstalten und dem dadurch möglicherweise
ausgelösten Wettbewerbs- und Diskriminierungsdruck ausgehen
könnte. Deshalb wird es ein offizielles ,,Ranking" nicht geben.
Wohl aber sollen Schulen und Mathematiklehrer wissen, wo sie
stehen und was sich gegebenenfalls bei ihrem Unterricht zum
Besseren wenden könnte.
Am 31. Mai werden im Rahmen einer Offensive zu einem Qualitätsmanagement
an den rheinland-pfälzischen Schulen 44000 Schülerinnen und
Schüler sich an einem Mathematiktest beteiligen. Aber auch
1700 Lehrer und 500 Schulleiter werden sich über Fragebögen
beugen müssen. Bei dem sechzigminütigen Schülertest werden
Gleichungen und Sachaufgaben zu lösen und geometrische Konstruktionen
zu erstellen sein. Die mit der Konzeption des 800000 Mark
teuren Projektes betrauten Landauer Wissenschaftler Andreas
Helmke und Reinhold Jäger weisen aber darauf hin, dass der
gemessene Leistungsstand nicht nur von dem pädagogischen Geschick
der Lehrer abhängt. In den ebenfalls von den Schülern, aber
auch von Lehrern auszufüllen-den Fragebögen werden daher auch
Fragen nach der Klassenzusammensetzung und Klassengröße, nach
dem häuslichen und sozialen Umfeld, nach dem Einzugsgebiet
und nach der Muttersprache der Kinder gestellt. Damit sollen
die Ergebnisse gewichtet und nicht Unvergleichbares (etwa
das Leistungsniveau einer Gymnasialklasse und das einer Hauptschulklasse)
verglichen werden. Wesentliches Ziel soll, so Helnike und
Jäger, die Verbesserung des Lehrens und Lernens sein.
Zöllner versichert, dass dem ,,verantwortungsvollen Umgang
mit den erhobenen Daten unser besonderes Augenmerk gelten
wird". Neben der individuellen Rückmeldung an jede Schule
und an jeden Lehrer ist auch ein Gesamtbericht für das ganze
Land geplant, ,,selbstverständlich in anonymisierter Form".
Die Lehrerverbände zeigen sich trotzdem skeptisch. Der rheinland-pfälzische
Philo-logenverband sieht zwar in einem Leistungstest eine
sinnvolle Uberprüfung des Lernerfolges, doch befürchtet er
nach den Worten seines Vorsitzenden Max Laveuve die ,,gläserne
Schule". Grundsätzlichere Bedenken äußerte der Verband Bildung
und Erziehung (VBE). Er fragt, ob der Test tatsächlich den
Wissenstand der Schüler widerspiegelt. Einen pragmatischen
Standpunkt nimmt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
(GEW) ein. Sie sähe es lieber, wenn die 800000 Mark zur Einstellung
neuer Lehrer verwendet worden wäre; ein Zusammenhang zwischen
dem Test und einer Verbesserung der Qualität der Schulen sei
nicht automatisch gegeben.
Quelle: Tageszeitung vom 16.5.2000;
leider habe ich im ausgeschnittenen Zeitungsausschnitt keinen
Hinweis auf die Herkunft gefunden. Entweder Frankfurter, Welt
oder Frankfurter Allgemeine. Eine Recherche im WWW führte
leider zu keinem Ergebnis. Ich habe den Artikel eingescannt.
(Copyright einholen war also nicht möglich, ich hoffe,
keine Probleme damit zu bekommen!)